Würfelgeflüster – Railroading, Sandboxes und Spielleiterstile

Jeder Spielleiter hat seinen eigenen Stil und auch seine Eigenheiten. Ich selbst sehe das bei mir auch immer wieder, dass ich bestimmte Dinge gerne mache. Auch weiß ich, dass ich eine Sache so überhaupt nicht mag und mich da besonders schwer tue, festgelegte Abenteuer leiten. Sei es ein veröffentlichtes Abenteuer oder auch ein von mir durchkonzipiertes Werk, man merkt, dass es nicht ganz rund läuft. Gerade letztens habe ich noch einmal Dungeon World als Spontanrunde angeboten und habe mich dazu verleiten lassen eine Geschichte vorzuplanen. Zwar haben die Spieler dann viel eingebracht, aber einer meiner Spieler war sehr unbefriedigt am Ende der Runde. Und ich auch, muss ich ehrlich zugeben.

Eine andere Sache kann ich dazu umso besser, nämlich spontan sein und improvisieren beim Spielen. Das habe ich ebenfalls bei Dungeon World gelernt, denn auch der oben genannte Spieler war in einer meiner vorherigen Runden und da hatten die Spieler sehr viel mehr Freiraum und konnten machen, was ihre Charaktere eben mochten. Die Runde war für mich eine der besten Erfahrungen, einfach zu sehen, dass ich nicht viel vorbereiten muss und so viel Handlung und eben richtiges Rollenspiel stattfindet.

Nun gibt es viele verschiedene Bezeichnungen im Rollenspiel, sei es Railroading, also das Spielen förmlich wie auf Schienen bei dem die Handlungen der Spieler wenig relevant für den Ausgang sind oder eben Sandboxes, also der Möglichkeit für die Spieler völlig frei handeln zu können. Ich möchte gar nicht über die verschiedenen Definitionen, Auslegungsweisen, usw. der Begriffe diskutieren, sondern eher die Möglichkeiten aufzeigen. Man muss keines der beiden Extreme in seinen Runden haben, man kann auch alles gut kombinieren.

Was ich am liebsten mache für meine Abenteuer ist die Gestaltung einer Mini-Sandbox. Ich lege lediglich die Umgebung fest und wie eben die Umwelt handelt. Dungeon World bietet hier eine interessante Mechanik, nämlich die Fronts. Fronts sind Gefahren oder Plots, die immer weiter voranschreiten und ihre Folgen haben, wenn die Spieler nicht eingreifen. Die Spieler haben die Freiheit nach ihren eigenen Vorstellungen zu handeln, sie werden nicht direkt mit der Nase rauf gedrückt, aber mit zunehmender Bedrohung merken sie schon, dass etwas nicht stimmt. Einen festen Rahmen zu haben bedeutet nicht, dass es eben keine Sandbox sein kann. Letztlich kann man es wirklich mit einem Sandkasten auf dem Spielplatz vergleichen. Diese können in der Größe, der Art des Sandes und der Umgebung variieren und je nachdem, was man für Werkzeuge (Eimer, Schaufel, Wasser, usw.) gibt, kann man unterschiedlich spielen.

Genau diese Offenheit habe ich gestern in meiner Splittermond-Runde (mit DnD5-Regeln) gemacht. Wir waren im Geisterwald in Kintai unterwegs und die Spieler hatten einen überfallenen Schrein entdeckt. Sie hatten die freie Entscheidung, was sie tun wollten. Sie hätten alles aufklären oder, wie es geplant war, einfach den Wald verlassen. Im Hintergrund lief die Front, dass die Schändung des Schreins und der Diebstahl eines Artefakts, den Pakt mit einem Feenwesen schaden werden. Wenn sie dem Ganzen nachgehen, dann würden sie vielleicht die Banditen finden und das Artefakt zurück erobern, wenn nicht, dann würde die Fee sehr wütend und Teile des Waldes der Feenwelt näher bringen und so alles mit bösartigen Feenwesen überschwemmen. Das hätte die Gruppe dann auch mitbekommen und die Reise aus dem Wald wäre deutlich schwieriger geworden. Und selbst da würden die Spieler den Ton angeben.

Und doch ist die Gruppe den Hinweisen gefolgt und es entstand eine sehr gelungene Runde in der jeder seinen Part beigetragen hat. Es wurde kein Plot herbeigezwungen und alles hat sich sehr organisch angefühlt. So soll es weiter gehen und ich freue mich drauf. Genauso wird es in dieser Woche mit meiner Star Wars-Runde sein. Ich habe verschiedene Fraktionen mit eigenen Interessen und einem Hintergrundplot, eben meiner Front. Die Spieler bestimmen den Ton und müssen dann eventuell auch mit Konsequenzen leben. Aber zu keinem Zeitpunkt wird etwas forciert durch meine Seite. Der Weg ist das Ziel, immer nur den Abschluss eines Auftrages ohne Bedeutung im Blick zu haben, bringt nichts für das Spiel.


Fazit:

Ich habe mich einmal verleiten lassen anders das Spiel zu gestalten und bin auf die Nase gefallen. Man sollte sich immer auf seine Stärken verlassen und so das Beste für sich und seine Spieler rausholen.

5 Gedanken zu “Würfelgeflüster – Railroading, Sandboxes und Spielleiterstile

  1. Was ich ganz gerne mache, sind OnePages – die sind selten schon so sehr festgelegt, dass man da eine festgelegte Geschichte hat, sondern sie erst erforschen muss.

    Und an Kaufabenteuer möglichst ergebnisoffen ranzugehen, ggf. aufzubrechen und dann zu improvisieren.

    Sprich, wenn ich improvisiere bin ich trotzdem froh, eine Basis zu haben, auf die man sich beziehen, ja fast zurückziehen kann.

    Dadurch ist es auch spannend ein Abenteuer mit unterschiedlichen Gruppen zu spielen, da sie sich anders entwickeln. Das find ich immer recht spannend.

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    • Ja, gegen eine Basis ist absolut nichts einzuwenden. Nur eben keinerlei Optionen zu haben, wenn sich die Spieler anders entscheiden, finde ich nicht gut. Aber das ist bei einem Kaufabenteuer ja schwer zu realisieren, alles abzudecken. Deshalb mag ich eben diesen Mittelweg.

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  2. Vielen Dank für den schönen Artikel! Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass ich mit Improvisation besser klar komme, als mit einem vollständig ausgearbeiteten Plot. Man muss nur aufpassen, dass man sich dabei nicht in Widersprüche verstrickt. Die Idee mit den verschiedenen Fronten (oder wie man es für sich selbst auch nennen will) ist da sehr hilfreich. Man muss nicht jedes Detail vorbereiten, aber man sollte zumindest eine grobe Vorstellung haben, was so um die Charaktere herum passiert und was davon für sie interessant sein könnte.
    Viele Grüße
    Michael

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  3. Ich habe Fraktionen, die Ziele, Motivationen und Mittel haben. Und das muß ich nicht regalisieren ;), das schreibe ich in ein zwei Sätzen auf. Vielleicht drei. „Fronts“ ist auch so ein komisches Wort.
    Aber, vielleicht wär etwas mehr Struktur da doch besser. Hmm. Habe ich da was übersehen, das diese sehr sehr SEHR viel zu viel strukturierte, unlyrische 😉 Herangehensweise nicht zu einem Schmerz im Hintern macht, und doch zu etwas tatsächlich Kreativen? Weil so wie es im SRD steht… geht mir die Lust flöten, etwas vorzubereiten. -_- Und ich frage ernsthaft, und will hier nicht trollen. Vielleicht entgeht mir da irgendwie was.
    OT: Bin ich eigentlich alleine, wenn ich behaupte, das Dungeonworld SRD macht Augenkrebs? 😉

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    • Dungeon World generell hat dieses Problem, oft wurde schon angemerkt, dass es sehr schwafelig geschrieben ist und dadurch schwierig zu lesen ist.
      Letztlich braucht man nicht allzu viel um eben vorbereitet zu sein. Bei mir sind es auch nur ein paar Zeilen, die mir ausreichen.

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